Als Sony im letzten Jahr die Systemkameras A7 und A7R mit Vollformatsensor auf den Markt brachte, war die Aufregung groß. Nicht nur bei den Fotografen, sondern sicher auch bei der Konkurrenz. Schließlich gab es bis dahin, einmal abgesehen von den exorbitant teuren Meßsucherkameras von Leica, noch keine Kamera dieses Formfaktors mit einem solchen Sensor. Inzwischen ist klar: die A7R bringt eine hervorragende Bildqualität. Wie sie sich im “normalen” Alltagsgebrauch schlägt soll hier aber nicht das Thema sein. Dazu gibt es inzwischen jede menge Testberichte in der einschlägigen Presse und im Netz. Mich hat die Eignung der A7R speziell als hochauflösende und dabei kleine und leichte Panoramakamera interessiert. Obwohl theoretisch mit jeder Kamera möglich, gibt es doch bei der Panoramafotografie bestimmte Eigenschaften, die eine Kamera mehr oder weniger geeignet für diese spezielle Anwendung erscheinen lassen.
Sony hat für diesen kurzen Erfahrungsbericht freundlicherweise eine A7R nebst Fullframe-Fisheye (SAL16F28) zur Verfügung gestellt. Da das Objektiv ein Alpha-Bajonett besitzt, fand es via Adapter (Sony LA-EA-4) Anschluss an die A7R. Der LA-EA-4 ist kein rein mechanischer Adapter, sondern bringt auch ein eigenes Autofokussystem mit und unterstützt die komplette Kommunikation zwischen Objektiv und Kamera. Außerdem kam noch Sonys Infrarotauslöser RMT-DSLR2 zum Einsatz.
Für mich war die A7R vor allem aus drei Gründen interessant:
1. hochauflösender Vollformat-Sensor
2. Bildqualität / Dynamikeigenschaften / Rauschen
3. Größe und Gewicht
1. hochauflösender Vollformat-Sensor
Auflösung ist nicht alles, weil mit steigender Pixelzahl des Sensors potenziell höheres Rauschen, schlechteres Dynamikverhalten und nicht zuletzt immer höhere Anforderungen an die Qualität der verwendeten Objektive einhergehen. In der Panoramafotografie ist der Vollformatsensor mit 36 Megapixeln aber durchaus reizvoll, denn man kommt schon mit sehr kurzen Brennweiten (Fisheye) und wenigen Einzelbildern auf eine relativ hohe Gesamtauflösung des fertigen Panoramas.
Arbeitet man mit einem Fullframe-Fisheye wie z.B. dem oben genannten 16mm von Sony, erreicht man beim fertigen Panorama eine Kantenlänge von über 20.000 Pixeln. Dazu sind 6 bis 8 Aufnahmen (je nach gewünschter Überlappung der Einzelbilder) leicht nach oben geneigt und eine separate Nadir-Aufnahme nötig. Betreibt man die Kamera im Slant-Modus an einem Fisheye bei 12 mm (z.B. Canon 8-15), sollten 4+1 Bilder reichen und die Kantenlänge des equirektangularen Panoramas dürfte bei ca. 14000 Pixeln liegen. Natürlich ist die reale Auflösung aber vor allem von der optischen Leistung des verwendeten Objektivs abhängig.
2. Bildqualität / Dynamikeigenschaften / Rauschen
Die bei 360°-Aufnahmen zwangsläufig vorhandenen, extremen Kontraste bekommt man oft nur mittels HDR-Verarbeitung in den Griff. In bestimmten Situationen aber lässt sich dieses Verfahren kaum einsetzen, z.B. bei stark bewegten Objekten im Bild, Freihand-Panos, Polepanos, Airpanos, usw. In diesen Fällen kommen die außergewöhnlich guten Dynamikeigenschaften der A7R zum Tragen. Für die Entwicklung der RAW-Dateien habe ich Adobe Lightroom eingesetzt. Damit ließen sich Lichter und Schatten extrem weit korrigieren. Positiv fiel auch auf, dass das Rauschen in den hochgezogenen Schatten nur verhältnismäßig moderat anstieg. Eine vergleichbar gute Korrekturfähigkeit ist mir bisher bei keiner anderen Kamera untergekommen. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, dass man mit der A7R in sehr vielen Fällen auf eine HDR-Ausarbeitung komplett verzichten kann.
3. Größe und Gewicht
Die Kamera wiegt nur gut 400g und ist in den Abmessungen sehr kompakt. Damit liegt sie ungefähr im Bereich der von mir gern verwendeten Panasonic GH3. Natürlich sind die Objektive der Sony systembedingt (Vollformat) größer und schwerer. Aber selbst in Kombination mit Adapter und Objektiv ist die A7R immer noch kompakter und leichter als z. B. die Nikon D800, die wegen ihres ähnlichen (Sony-)Sensors oft mit der A7R verglichen wird.
Überall dort wo es auf wenig Gewicht ankommt, ist die Kamera die ideale Besetzung. So zum Beispiel auf Reisen, beim Wandern oder Bergsteigen. Die oben genannten Eigenschaften qualifizieren sie aber vor allem für den Einsatz bei Pole- oder Airpanos.
Mankos:
An dieser Stelle kommen wir zu einem kleinen Manko der A7R: Sie besitzt keinen Standard-Klinkeneingang für einen Funkauslöser. Es gibt neben einer kabelgebundenen Lösung für das proprietäre Sony-Multi-Terminal zwar noch die Infrarot-Fernbedienung, diese funktioniert aber nur in geschlossenen Räumen zuverlässig, nicht aber im Freien oder bei größeren Abständen zur Kamera. Auch das Auslösen mit dem Smartphone über WIFI ist keine hundertprozentige Alternative, denn Sonys PlayMemory-App erlaubt kein Bracketing beim Fernauslösen. Schade, vielleicht bessert Sony das beim Nachfolgemodell nach.
Es gibt aber inzwischen ein paar Drittanbieter, die passende Adapter vom Sony-Muliti-Terminal auf 2,5mm Klinke bzw. komplette Funkauslöser für die A7R anbieten, z.B. Dynamic Perception, Jaime Aguirre , über Amazon, Enjoyyourcamera oder direkt aus Cina via Ebay.
Der zweite kleine Pferdefuß an der A7R ist das Bracketing. Die Funktion ist durchaus brauchbar, aber nicht perfekt. So lassen sich Abstände von 1 EV, 2 EV und 3 EV nur mit jeweils 3 Bildern realisieren, mehr Zwischenschritte im Abstand von 1 EV sind aber nicht möglich. Man kann also beispielsweise nicht 5 Bilder im Abstand von je 1 EV schießen. Bleibt zu hoffen, dass Sony hier mit einem Software-Update Abhilfe schafft, bei der A7S ist die Funktion ja bereits verbessert worden. Positiv ist, dass das Bracketing an der A7R jetzt auch in Verbindung mit dem Zeitauslöser und der IR-Fernbedienung funktioniert. Das war bei Sonys NEX-Reihe nicht der Fall.
Bemerkungen zur Ergonomie und Bedienung:
Die Kamera lässt sich trotz ihrer geringen Größe und der damit verbundenen Mini-Tasten gut bedienen. Mit dem Menü kommt man schnell zurecht, alle Einstellungen waren in 10 Minuten erledigt und als Profil abgespeichert. Angenehm ist, dass man häufig benutzte Funktionen, wie z.B. die Fokuslupe, auf extra Tasten ablegen kann und so immer schnell erreicht. Ein Quick-Menü erlaubt den schnellen Zugriff auf alle wichtigen Aufnahmeparameter. Sucher und Display sind optisch sehr gut, scharf und kontrastreich. Ein optischer Sucher hat mir persönlich nicht gefehlt. Das Display ist nicht berührungsempfindlich und leider nur horizontal nach oben und unten zu klappen.
Zum Thema (fehlendem Phasen-)Autofokus und Serienbildgeschwindigkeit kann ich an dieser Stelle nicht viel sagen. Immer wieder liest man zwar, dass die A7R in diesen Disziplinen langsam wäre. In der Panoramafotografie spielte das aber praktisch keine Rolle, da der Fokus sowieso meist manuell gesetzt wird. Übrigens: Mit dem von mir verwendeten LA-EA-4 war das schnelle, automatische Scharfstellen überhaupt kein Thema, denn der Adapter stellt ein eigenes Phasen-Autofokusmodul zur Verfügung.
Aufgefallen ist noch der sehr laute, mechanische Verschluss. Dieser rattert dermaßen geräuschvoll, dass man Angst hat, die vermeintlich spürbare Erschütterung verwackelt einem das Bild. Der Fairness halber sei aber gesagt, dass dies nur mein ganz subjektives Empfinden ist und ich das nicht extra getestet habe.
Extrem lange Fotosessions sind mit der A7R nicht drin, der Akku ist relativ schnell leer. Eine Tatsache, die man der Sony aber nicht wirklich anlasten kann. Das kleine Gehäuse erlaubt eben keinen riesigen Stromspeicher und die großen Datenmengen, die der 36MPx-Sensor erzeugt, wollen von leistungsstarken Prozessoren verarbeitet werden – auch das kostet Strom. Es ist also ratsam, sich einen zweiten Akku auf Tasche zu legen.
Objektive an der A7R:
Das für diesen Test verwendete 16mm Fisheye von Sony (SAL16F28) ist ein Vollformatobjektiv, allerdings für das Alpha-Bajonett. Die Adaptierung via LA-EA-4 funktionierte reibungslos aber der Adapter kannibalisiert natürlich den Größen- und Gewichtsvorteil der A7R etwas. Ein modernes Fisheye für Sonys E-Mount wäre wünschenswert, denn das SAL16F28 konnte optisch nicht wirklich überzeugen. Zwar bildet es abgeblendet (ab F5.6) auch am Rand scharf ab, zeigt aber teils extreme chromatische Aberrationen. Sie ließen sich in Lightroom nicht mehr korrigieren und mussten von Hand entfernt werden.
Das Objektiv basiert nach meinen Informationen auf einer älteren Minolta-Konstruktion. Auch die eingebauten Filter sind ein Relikt aus alten Analog-Zeiten. Fakt ist: die A7R verlangt ganz sicher die allerbeste Linsen. Das Objektivangebot ist momentan noch relativ überschaubar. Man darf gespannt sein, ob Sony es schafft, einigermaßen kompakte und trotzdem hochwertige Vollformatobjektive anzubieten, damit das Konzept der kleinen und leichten Systemkamera nicht ad absurdum geführt wird. Vielleicht ist ja dann auch ein hochwertiges E-Mount-Fisheye fürs Vollformat dabei. Bis dahin ist man wohl auf einen “Drittanbieter” angewiesen. Für Canon EF-Objektive gibt es z.B. einen Adapter von Metabones, der auch die Blende steuert und EXIF-Daten überträgt. Die Kombination A7R, Canon 8-15 und Metabones dürfte interessant sein!
Für Aufnahmesituationen, bei denen es auf möglichst geringes Gewicht und kompakteste Abmessung ankommt (z.B. Polepanos) gibt es noch eine vielversprechende Lösung: das Samyang 8mm/f2.8 UMC II. Dieses Fisheye hat ein e-Mount und passt somit ohne Adapter an die A7®. Eigentlich wurde es als Fullframe-Fisheye für APS-C-Sensoren gerechnet. An der A7 deckt es den Vollformatsensor an der langen Seite fast vollständig ab und es ergibt sich damit ein Blickwinkel von gut 180°. Ich habe die Kombination noch nicht selbst getestet, aber nach meinen ausgesprochen guten Erfahrungen mit dem Samyang 7,5mm/f3.5 ist sie auf jeden Fall einen Versuch wert.
Praktisches Beispiel:
Für eine Test-Aufnahme habe ich mir den Pfaffenstein bzw. die Barbarine ausgesucht, eine markante Felsnadel in der Sächsischen Schweiz. Die Session startete um zwei Uhr in der Nacht, ein interaktives 360°-Doppelpanorama (nachts mit Milchstraße, tags bei Sonnenaufgang) sollte es werden. Die Aufnahmedaten: 20 Sekunden Belichtungszeit bei ISO1600, leicht abgeblendet auf F3.5. Die Felsen im Vordergrund wurden mit einer Taschenlampe aufgehellt. Alle Bilder wurden später in Lightroom entwickelt und bearbeitet: ein wenig entrauscht, (lokale) Kontraste angehoben, Belichtung, Weiß- und Schwarzpunkt optimiert – nichts Besonderes eben. Erstaunlich fand ich, dass sich das Rauschen doch sehr in Grenzen hielt. Es ist zwar durchaus sichtbar, aber ich hätte bei einem so hochauflösenden Sensor (mit entsprechend kleinen Pixeln) deutlich mehr Rauschen erwartet. Da ich kein Freund zu starken Entrauschens bin, habe ich wie erwähnt die Regler nur sehr behutsam angefasst.
Das zweite Panorama bei Sonnenaufgang (in der interaktiven Version bitte oben links auf das Sonnensymbol klicken) ist eigentlich ein klassischer Fall fürs Bracketing und entsprechende HDR-Verarbeitung. Auf der einen Seite schaut die Kamera direkt in die Sonne, auf der anderen in schwarze Felsspalten. Die Ausarbeitung erfolgte jedoch gänzlich ohne HDR-Verfahren. Die Lichter und Schatten wurden in Lightroom stark korrigiert – erstaunlich, wie viel Informationen noch in den vermeintlich ausgebrannten Bereichen steckten und wie viel Zeichnung noch in den Schattenpartien vorhanden war.
Fazit:
Die A7R ist sicher keine Allround-Kamera. Sport- oder Pressefotografen werden mit ihr eher nicht warm. Für die Panoramafotografie scheint sie aber mehr als geeignet. Sehr gute Bildqualität, extreme Korrekturfähigkeit der RAW-Dateien und die hohe Auflösung bei relativ geringem Rauschen stehen auf der Haben-Seite. Für das Problem des fehlenden Remote-Standardanschlusses gibt es inzwischen Lösungen und Bracketing wird man mit der A7R sehr selten brauchen. Mehr Bildqualität in einer so kleinen Kamera gab es noch nie. Absolute Empfehlung!
Pro & Contra A7R:
Pro:
– hohe Auflösung
– sehr gute Dynamikeigenschaften
– klein und leicht
– relativ geringer Preis
Contra:
– kein natives Fisheye verfügbar, das den qualitativen Möglichkeiten der A7R gerecht wird
– kein Standard-Remote-Anschluss
– Bracketing nicht optimal gelöst