360°-Fotos eignen sich hervorragend, um beispielsweise Hotels oder touristische Destinationen – buchstäblich rundherum – perfekt abzubilden. Aber nicht nur in diesem Segment hat die Panoramafotografie ihre Berechtigung. Auch die Landschaftsfotografie ist ein spannendes Betätigungsfeld für 360°-Fotografen, mit dem auch ich mich schon seit vielen Jahren beschäftige. In heimatlichen Gefilden bin ich dafür meist im Elbsandsteingebirge unterwegs. Die Ergebnisse sind unter anderem in der „Panoramagalerie Sächsische Schweiz“ zu sehen, die ich für das MDR-Bergsport- und Outdoor-Magazin BIWAK produziert habe.
Bei diesen Fototouren hat sich herausgestellt, dass die Wahl des richtigen Standpunktes für ein 360°-Landschaftsbild gar nicht so einfach ist. Es gilt, eine besondere, spannende Perspektive zu finden. Und das perfekte Licht. Deshalb bin ich oft in den Morgen- oder Abendstunden unterwegs. Gern auch mal zu nächtlicher Stunde, um die Landschaft unterm Sternenhimmel einzufangen.
Dabei stand schon lange ein ganz besonderes Fotoprojekt auf meiner Liste: Den Nachthimmel als 360°-Startrail-Panorama fotografieren.
Die Erdrotation in 360 Grad
Die Startrail-Fotografie ist eine Technik, bei der Fotos über einen längeren Zeitraum hinweg aufgenommen und dann zu einem einzigen Bild kombiniert werden. Während die Erde sich dreht, erscheinen die Sterne am Himmel als Lichtspuren, die Erdrotation wird sichtbar. Um diesen Effekt zu erreichen, braucht es vor allem etwas Geduld. Die Kamera belichtet teilweise über mehrere Stunden hinweg. Später müssen in der Bildbearbeitung mehrere Hundert Bilder zu einem einzigen Startrail-Bild kombiniert werden. Will man eine solche Aufnahme in 360 Grad realisieren, wird die Sache etwas komplizierter, da ein Kugelpanorama aus mehreren Einzelbilder besteht, die in der Regel zeitlich versetzt aufgenommen werden. Dazu unten mehr.

Startrail und Polarlicht
Bei einer Reise nach Island ergab sich die Gelegenheit, ein Startrail-Panorama in Kombination mit Polarlichtern zu fotografieren. Im Winter normalerweise schwer erreichbar, hatten wir im März 2023 das Glück, ein paar Tage und Nächte in der atemberaubenden Landschaft der Westfjorde verbringen zu können. Die Bedingungen waren perfekt: wenig Lichtverschmutzung, tolle Kulisse und günstige Nordlicht-Bedingungen. Bei eisigen -15° C und klarem Himmel konnten wir das Naturschauspiel der tanzenden Polarlichter über mehrere Stunden hinweg bewundern und fotografieren.

Die Herausforderung des Nordlichts
Die Aurora Borealis, oder auch Nordlicht genannt, ist ein Naturphänomen, bei dem geladene Partikel von der Sonne in die Erdatmosphäre eindringen und leuchtende Farben am Himmel erzeugen. Die Intensität und Bewegung des Nordlichts können stark variieren, was es zu einer Herausforderung für den Fotografen macht. Natürlich will man so viel wie möglich davon einfangen, darf aber nie zu lang belichten, damit sich durch die Bewegungen der sogenannten Vorhänge nicht zu viele Unschärfen ergeben.
Dazu kommt die technische Herausforderung. In Ermangelung eines super aufwändigen Rigs mit mehreren Kameras und Objektiven, die die komplette 360°-Sphäre synchron einfangen könnten, kam hier eine wesentlich simplere Technik zum Einsatz. Dafür habe ich zunächst ein gewöhnliches 360°-Panorama der Szene fotografiert und danach den Himmel als Timelapse aufgenommen. Ca. anderthalb Stunden lief die Kamera für diese Einstellung und hat dabei insgesamt 829 Bilder geschossen. Das montierte 8mm-Fisheye hat am Vollformat nahezu den gesamten 180°-Bildkreis abgedeckt und so die Bewegungen der Polarlichter am Himmel komplett eingefangen. Alle diese Fotos wurden später gestackt und mit den Einzelbildern des vorher fotografierten Panoramas zu einem sphärischen 360°-Bild gestitcht.
Während der anderthalb Stunden Belichtung hatten wir viel Zeit, das Naturschauspiel am Nachthimmel zu genießen. Die Nordlichter veränderten ständig ihre Form, Helligkeit und Farbe. Nicht nur grüne, sondern auch violette und sogar rote Polarlichter tanzten über unseren Köpfen. Deshalb habe ich mich später während der Bearbeitung dazu entschieden, nicht nur das finale Startrail-Panorama zu verwenden, sondern auch ein paar schöne 360°-Einzelbilder zu zeigen.
Da wir das Glück hatten, in einer Nacht mit sehr hellen Polarlichtern zu fotografieren, stellte sich beim Stacken der Einzelbilder heraus, dass eigentlich der komplette Himmel mit Grün gefüllt war und die intensiven Nordlichter teilweise fast ausbrannten. Deshalb habe ich auch zwei alternative Versionen erstellt, bei denen ich die ganz intensiven Lichter beim Stacken ausgeklammert habe.
Doch nun genug der technischen Details. Genießt die Lichtshow! Hier gehts zum 360° Aurora Startrail Project: https://www.360-grad-sachsen.de/panos/360_aurora_startrail_project/index.html
Die Fotografie-Website Petapixel hat in einem Artikel über das Projekt berichtet: https://petapixel.com/2023/07/07/photographers-glorious-360-star-trail-image-with-the-northern-lights/