Seit einem guten Jahr gibt es von der Firma Dr. Clauss Datentechnik einen neuen, automatischen Panoramakopf am Markt, den Rodeon Pixplorer.
Er ist die günstigste Variante der motorisierten Panoramaköpfe des sächsischen Herstellers und damit als Einstiegsmodell positioniert. Mich hat der Pixplorer vor allem interessiert, weil er wegen des vergleichsweise geringen Gewichtes und Packmaßes wunderbar zu dem von mir bevorzugten Miniaturisierungskonzept in der Panoramafotografie passt. Ein idealer Spielpartner für kleine, leistungsstarke Systemkameras wie die Sony Alpha7R? Die Firma Dr. Clauss Datentechnik hat den Pixplorer freundlicherweise für einen Praxistest zur Verfügung gestellt.
Funktionsumfang
Als Einstiegsmodell verfügt der Pixplorer natürlich nicht über den kompletten Funktionsumfang der großen Clauss-Köpfe. So gibt es keine echte Steuerung der Kamera über die USB-Verbindung, der Kopf löst lediglich in vorher programmierten Intervallen aus. Das heißt zum Beispiel, dass der Pixplorer beim Auslösen nicht auf die Kamera wartet. Man muss bei der Programmierung darauf achten, dass Belichtungszeiten, Auslöse- und Schreibgeschwindigkeit der verwendeten Kamera und des Speichermediums zu den programmierten Auslöseintervallen des Pixplorers passen, der Kopf der Kamera also nicht “davonrennt”. Damit kann man gut leben, wenn man einmal seine Setups eingerichtet und komfortabel im Pixplorer abgespeichert hat.
Größe und Gewicht
Der Pixplorer passt tatsächlich in einen durchschnittlichen Fotorucksack und ist mit seinen 2,3 kg Gewicht auch noch gut zu tragen, wenn es mal länger steil bergauf geht. Auch sonst ist der Kopf auf den Outdoor-Einsatz ausgelegt: er ist staub- und spritzwassergeschützt, hat ein griffiges, gummiertes Gehäuse, einen fest verbauten Akku, der im Dauerbetrieb bis zu 8 Stunden halten soll. Das kompakte Gerät muss für den Transport nicht extra zerlegt werden und es gibt keine verlierbaren Kleinteile. Das relativ geringe Gewicht prädestiniert den Pixplorer nicht nur für den Rucksack-Einsatz sondern theoretisch auch für die Nutzung auf einem Hochstativ.
Aufbau und Montage
Der Pixplorer wird mit einem 3/8“-Gewinde auf dem Stativ montiert. Damit der Kopf dabei nicht „durchdreht“, liegt ein Hakenschlüssel bei, mit dem man das Gerät sicher an- und abschrauben kann.
Die Kamera wird mit einer speziellen Wechselplatte am Pixplorer montiert. Diese rastet in fester Position ein und wird durch Drücken auf eine Sicherungstaste wieder gelöst. Das System ist eine Eigenentwicklung und ist nicht Arca-Swiss-kompatibel.
Für kompakte Systemkameras, bei denen der Abstand vom Bajonett zum Gehäuseboden sehr gering ist, gibt es als Zubehör spezielle Adapterplatten. Diese sorgen für den richtigen Mindestabstand zwischen Kamera und Wechselplatte. Im Falle der verwendeten Sony A7R war die Stärke der Adapterplatte gerade so ausreichend. Ein Millimeter mehr hätte dort sicher nicht geschadet, da selbst mit Adapterplatte der Verstellweg für die Höheneinstellung bis zum Anschlag ausgereizt war.
Kleine Indexstifte an der Adapterplatte, die exakt in die dafür vorgesehenen Vertiefungen am Kameragehäuseboden passen, sorgen für einen absolut festen und verdrehsicheren Halt, selbst wenn etwas größere und schwerere Objektive montiert sind.
Kamera und Panoramakopf werden mit einem Auslösekabel verbunden, das kameraseitig einen USB-Minianschluss und kopfseitig einen Cinch-Stecker hat. Es ist für alle gängigen Kameratypen erhältlich (kompatible Kameras auf www.pixplorer.net).
Einstellung des Querversatzes und Drehpunktes
Da der Pixplorer nicht zerlegbar ist, sondern aus einem einzigen, kompakten Bauteil besteht, lässt sich der „Vertikalarm“ auch nicht verschieben. Der Querversatz wird deshalb mittels einer großen Verstellschraube eingestellt. Diese sitzt auf dem Kameraschlitten an der Nodalschiene und trägt die Kamerabefestigung. Nach Lösen zweier Rändelschrauben lässt sich die Kamera so um 16mm horizontal verschieben. Die richtige Einstellung kann man auf einer Skala am Schlitten ablesen.
Um den parallaxenfreien Drehpunkt einzustellen, löst man die zwei Rändelschrauben an der Nodalschiene und verschiebt den Kameraschlitten nach vorn oder hinten. Ist die optimale Position gefunden, wird der Schlitten durch Festziehen der Rändelschrauben wieder fixiert. Die korrekte Einstellung liest man dann auf der Skala an der Nodalschiene ab.
Bedienung und Funktionen
Die Bedienung erfolgt über lediglich 5 Tasten (Tastenkreuz). Das Display ist beleuchtet, so dass auch im Dunklen gut gearbeitet werden kann. Die Menüs sind übersichtlich und weitestgehend selbsterklärend.
Beim Einschalten wartet das Gerät 2 Sekunden lang auf einen erneuten Tastendruck. Diese Tastatursperre verhindert ein versehentliches Einschalten und damit Bewegen des Panoramakopfes beim Transport.
Im Hauptmenü werden die grundlegenden Aufnahmeparameter und das aktive Profil angezeigt. Über die Pfeiltasten kann ein anderes Aufnahmeprofil gewählt und über OK die Aufnahme gestartet werden. Ein Unterbrechen oder Wiederholen einzelner Aufnahmeschritte ist jederzeit möglich.
Nach Einstellung von Brennweite sowie horizontalem und vertikalem Aufnahmewinkel errechnet das Gerät die erforderlichen Aufnahmeschritte auf Basis einer Bildüberlappung von ca. 10%. Möchte man eine größere Überlappung haben, korrigiert man die Anzahl der aufzunehmenden Bilder je Zeile entsprechend nach oben.
Bei der Festlegung der (Vor-)Auslösedauer und Erholzeit ist die oben bereits beschriebene Tatsache zu beachten, dass der Pixplorer die Kamera nicht wirklich steuert, sondern lediglich auslöst. Im Normalfall speichert man sich für jedes Objektiv ein Setup als Profil im Pixplorer ab und muss dann nur noch das Zeitverhalten der Aufnahmesequenz an die erforderlichen Belichtungszeiten anpassen. Dafür hält das Gerät 10 Speicherplätze bereit.
Der Pixplorer erlaubt mehrere Betriebsarten:
Im Quick-Shot-Modus hält der Kopf zum Auslösen nicht an, sondern dreht sich permanent. Diese Option ist vor allem bei bewegten Sujets hilfreich um Doppel- oder Geisterbilder zu vermeiden, beispielsweise wenn sich Menschen oder Autos bewegen. Natürlich muss man hier vorher sehr genau ausprobieren, ob Auslösegeschwindigkeit der Kamera und Schreibgeschwindigkeit des Speichermediums ausreichen.
Der Twistermodus ist noch etwas schneller und dreht den Panoramakopf in einer Helix-Form vom Nadir bis zum Zenit.
Die Bildzahloptimierung erlaubt bei der Aufnahme eines sphärischen Panoramas eine Reduzierung der Aufnahmeanzahl. Diese Funktion berücksichtigt die Tatsache, dass in den polnahen Aufnahmereihen weniger Bilder zum vollständigen Schließen einer Sphäre notwendig sind. Gerade bei der Aufnahme von hochaufgelösten Panoramen macht sich diese Funktion bezahlt. Man spart Zeit, Speicherplatz und in der Nachbearbeitung reduziert sich die „Materialschlacht“.
Wenn man den vertikalen Aufnahmepfad aktiviert, nimmt der Pixplorer in Spalten, anstatt in Zeilen auf. Das ist unter Umständen bei zeitintensiven Aufnahmesessions von Vorteil, um Artefakte im Bereich des Himmels zu vermeiden (ziehende Wolken, Sonne,…).
Natürlich kann man den Pixplorer auch manuell, das heißt über das Tastenkreuz, bewegen. Auf diese Art und Weise legt man zum Beispiel die Start- und Zielpunkte (unten links, oben rechts) für Teilpanoramen fest. Das Gerät errechnet dann die notwendigen Winkelschritte und die Aufnahmeanzahl.
Außerdem lassen sich noch globale Parameter wie Zustellgeschwindigkeit, vertikale Bewegungsgrenze, horizontales Verdrehlimit bei 360°-Panoramen und eine Aufnahmeverzögerung (Timer) programmieren.
Dem Gerät liegt ein gut verständliches Manual bei. Die Bedienung war nach kurzer Eingewöhnungsphase kein Problem.
Postproduktion
Nach der Aufnahme kommt für die Weiterverarbeitung die Software Rodeon Preview zum Einsatz. Eigentlich ist sie in der Vollversion zur Steuerung der großen Clauss-Panoramaköpfe gedacht. Arbeitet man mit dem Pixplorer, reicht aber schon die kostenlose Lite-Version. Sie erzeugt Projektdaten für Stitching-Programme wie Autopano oder PTGUI.
Dafür gibt man dem Tool die verwendeten Aufnahmeparameter des Panoramakopfes (Brennweite, horizontaler und vertikaler Aufnahmewinkel, Anzahl der Einstellungen, genutzter Aufnahmemodus) und die Quellbilder vor und die Software errechnet daraus (analog zum Pixplorer) das Aufnahmemuster.
Das Ergebnis wird schematisch in der sogenannten Flow-Chart-Ansicht dargestellt. In der Vorschau kann man sich bereits ein grob gestitchtes Panorama ansehen. Nun kann man diese Daten als Autopano- und PTGUI-Projekt oder als xml-Datei (papywizard) abspeichern.
Das Zusammenspiel mit der Stitchingsoftware (in diesem Fall PTGUI) hat gut funktioniert, wenn auch mit kleinen Hürden. So kamen die Quellbilder nach dem Export von Rodeon Preview Lite nach PTGUI um 90° verdreht an. Nach Aussage von Dr. Clauss ein Problem mit der jeweils unterschiedlichen Behandlung der EXIF-Daten in Rodeon Preview und PTGUI. Eventuell wird es dazu noch eine Anpassung in Rodeon Preview geben. In der Praxis fällt dieses Problem aber kaum ins Gewicht. Die Ausrichtung der Einzelbilder ließ sich in PTGUI mit einem Klick korrigieren.
Ein weiteres Problem ergab sich beim Stitchen der Einzelbilder. Im Normalfall sollten die Einzelbilder ohne das Generieren und Optimieren von Kontrollpunkten perfekt passen. Trotz eines penibel eingestellten Drehpunktes ergaben sich aber minimale Stitchingfehler in PTGUI. Erst durch das Erzeugen von Kontrollpunkten und anschließende Optimierung waren diese Fehler auszumerzen. Ein Bedienfehler ist auszuschließen, die Problemanalyse durch Dr. Clauss läuft noch.
Ein echtes Manko ist aus meiner Sicht, dass die Software nur für Windows und nicht für MAC erhältlich ist. Prinzipiell hat die Nutzung auf einer virtuellen Maschine zwar funktioniert, im Detail gab es dann aber doch kleinere Schwierigkeiten. So hat Rodeon Preview Lite (unter Windows 7, virt. Maschine) beim Export PTGUI (unter OSX) selbst geöffnet, das Projekt war aber leer. Nach dem Kopieren der pts-Datei von Windows zum MAC hat das Öffnen in PTGUI tadellos funktioniert.
Außerdem wurde das Arbeitsvolume, eine externe SSD, von Windows zwar als Netzlaufwerk eingebunden, in Rodeon Preview Lite war es aber nicht verfügbar. Also waren doch wieder Kopieren und doppelte Datensätze angesagt. Hier habe ich mir mit einem Workflow beholfen, den der Kollege Thomas Bredenfeld in seinem Test beschrieben hat. Windows-seitig habe ich mit jpg-Kopien der Quellbilder gearbeitet und beim Öffnen des PTGUI-Projektes auf dem MAC die Quellbilder durch TIF-Dateien ersetzt. Das Vorgehen ist zwar etwas umständlich, hat aber letztendlich doch gut funktioniert. Für Windows-User sind diese Probleme natürlich nicht relevant.
Praktischer Einsatz
Sphärisches 360°-Panorama: Stadtkirche „Unser lieben Frauen“, Mittweida
Brennweite 28mm, insgesamt 27 Positionen, HDR -2/0/+2= 81 Aufnahmen, horizontal 9, 3 Reihen + Nadir + Zenit
Zur interaktiven Ansicht bitte hier klicken.
Sphärisches 360°-Panorama: Marktplatz Mittweida
Brennweite 50mm, insgesamt 82 Positionen, LDR, horizontal 18, 5 Reihen + Nadir + Zenit
Zur interaktiven Ansicht bitte hier klicken.
Dieses Panorama war in doppelter Hinsicht ein Test: nicht nur für den Pixplorer, sondern auch für das SMC Takumar 50/1.4 von 1972, dass mittels eines mechanischen Adapters an der A7R montiert war. Die Linse ist ganz sicher nicht mit heutigen Primes vergleichbar. Trotzdem ist eine solch gute Performance an der A7R bemerkenswert.
Abgesehen von hochaufgelösten 360°- oder Teilpanoramen eignet sich der Pixplorer auf Grund von Größe und Gewicht für den Einsatz auf dem Hochstativ. Denkbar ist eine Anwendung auch an Orten, wo der Fotograf sein Setup nur schlecht oder gar nicht selbst bedienen kann, beispielsweise in Fahrzeuginnenräumen oder während eines Konzerts direkt auf der Bühne. Dafür ist natürlich eine Fernbedienbarkeit des Panoramakopfes nötig. Nach Aussage des Herstellers soll ab Dezember 2015 eine Infrarotfernbedienung für den Pixplorer erhältlich sein. Die entsprechende Schnittstelle ist am Kopf bereits vorhanden. Ob die Infrarotfernsteuerung auch über größere Strecken und bei ungünstigem Einfallswinkel (Hochstativ) funktioniert, wird sich zeigen.
Fazit
Prinzipiell kann man natürlich fast jedes sphärische Panorama mit einem manuellen Kopf fotografieren. Wenn man aber hochaufgelöste Panoramen produzieren möchte und mit entsprechend langen Brennweiten fotografiert, wird manuelles Arbeiten auf Grund der zahlreichen und kleinen Winkelschritte schwierig bis unmöglich. Schon bei einer Brennweite von 50mm am Vollformatsensor benötigt man 5 Reihen plus Nadir und Zenit. Insgesamt werden je nach Bildüberlappung mehr als 80 Positionen fotografiert. Das geht mit dem Pixplorer natürlich deutlich entspannter, präziser und schneller als mit einem manuellen Kopf. Wer also im Bereich der hochauflösenden Panoramafotografie unterwegs ist, der bekommt mit dem Rodeon Pixplorer ein robustes und präzises Werkzeug an die Hand. Größe, Gewicht und das wunderbar einfache Bedienkonzept prädestinieren den Kopf für den Outdoor-Einsatz. Gemessen an Qualität und gebotenem Funktionsumfang ist der Pixplorer mit 1664 € (netto) vergleichsweise günstig zu haben.
Mehr Informationen zum Dr. Clauss Rodeon Pixplorer hier: www.pixplorer.net