Fisheye-Objektive des koreanischen Herstellers Samyang nutze ich seit Jahren für die Erstellung sphärischer Panoramen. Sie verzichten fast immer komplett auf Elektronik, überzeugen optisch und sind preislich sehr interessant. Vor allem das Samyang 8mm/2.8 UMC Fisheye II, eigentlich ein für das APS-C-Format gerechnetes Objektiv, macht nach Rasur der Sonnenblende an der Vollformatkamera Sony A7R eine ausgesprochen gute Figur.
Seit kurzer Zeit ist das neue Samyang 12mm/2.8 NCS auf dem deutschen Markt erhältlich – ein interessantes Fisheye-Objektiv fürs Vollformat, über das ich in diesem Kurztest bezüglich seiner Eignung für die Panoramafotografie berichten möchte. Dafür hat der deutsche Distibutor Hapa-Team diese Linse mit Sony e-Mount-Anschluss freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Ich werde das 12mm Samyang hier mit dem von mir sehr gern verwendeten Sigma 15mm Fisheye vergleichen, meinem bisherigen Standard-Fullframe-Fisheye, das ich per Metabones (MK IV) Canon-EF – e-Mount-Adapter an der Sony A7R betreibe. Dieser Vergleich bietet sich an, weil diese Objektive in vielen Parametern Ähnlichkeiten aufweisen. Beide sind sogenannte Fullframe-Fisheyes, haben die gleiche Lichtstärke, ähnliche Abmessungen und Gewicht und nicht zuletzt besitzen beide eine 7-Lamellen-Blende, die einen schönen Blendenstern verspricht.
Verarbeitung & Handling
Für ein Fisheye ist das 12mm Samyang ungewöhnlich aufwändig aufgebaut. Die Konstruktion besteht aus 12 Elementen in 8 Gruppen. Es wurden 2 asphärische Linsen und Linsen aus ED-Glas verbaut. Zur Verringerung von Linsenreflexen wurde das Objektiv mit einer Vergütung (NCS – Nano Coating System) versehen. Das Fisheye gibt es mit Anschlüssen für Canon, Nikon, Sony alpha, Sony e-Mount und diverse andre Systemkamera-Bajonette.
Die e-Mount-Variante ist mit 540g nur geringfügig schwerer und einen guten Zentimeter länger als das Sigma mit Metabones-IV-Adapter (500g). Die Frontlinse ist jedoch deutlich größer und steht über den Kameraboden hinaus. Mit angesetzter Stativplatte gab es aber keine Probleme bei der Montage auf dem Panoramakopf.
Der hintere Teil des Objektivs ist aus Metall gefertigt, der vordere Teil, Einstellringe und die abnehmbare Sonnenblende sind aus Kunststoff. Der Fokusring hat einen angenehmen Verstellweg, läuft leicht gedämpft, absolut spielfrei und präzise. Die Anfassqualität des neuen Samyangs kann voll überzeugen.
Eigentlich ist die Linse für DSLRs gerechnet, es gibt sie aber auch mit diversen Anschlüssen für Systemkameras. Das geringere Auflagemaß wird in diesem Fall mit einem entsprechend verlängerten Metalltubus ausgeglichen – sozusagen ein fest verbauter Adapter. Wer mehrere Kamerasysteme nutzt, kauft z. B. die Canon-Variante und adaptiert dann für die Systemkamera mit einer günstigen, mechanischen Lösung.
Wie alle anderen Samyang-Objektive auch, verfügt das 12mm Fisheye über eine rein mechanische Blende und manuellen Fokus. In der Panoramafotografie würde ich das als Vorteil bewerten, denn sämtliche Einstellungen nimmt man sowieso am besten manuell vor. Die Nikon-Version des Fisheyes ist übrigens als einzige gechipt und überträgt EXIF-Daten zur Kamera.
Das Objektiv besitzt eine Tiefenschärfenskala – nützlich, wenn man einmal mit offener Blende arbeiten und die benötigte Einstellung nur noch am Objektiv ablesen muss. In den meisten Fällen reicht es aber, den Fokus auf knapp 1 Meter zu stellen. Bei F8 ist dann von ca. 40 cm bis unendlich alles scharf.
Bildqualität
Schon bei Offenblende wirkt das Samyang im Zentrum sehr scharf, am Rand lässt die Schärfe naturgemäß nach. Beim Abblenden steigt sie auch an den Bildrändern deutlich an. Optimale Ergebnisse erhält man zwischen F5.6 und F11. In diesem Bereich ist das Bild bis in die Randbereiche hinein extrem scharf. Vergleicht man bei F8 das Sigma mit dem Samyang, ist das Samyang im Zentrum etwas (aber sichtbar) schärfer als das Sigma, am Rand jedoch mit großem Abstand schärfer. Bei Offenblende verstärkt sich diese Tendenz dramatisch. Dort ist das Sigma in den Randbereichen geradezu unbrauchbar, das Samyang durchaus offenblendtauglich.
Die Vignettierung fällt erfreulich gering aus. Bis F8 hat das Samyang gegenüber dem Sigma deutlich die Nase vorn, ab F11 herrscht praktisch Gleichstand.
Chromatische Aberrationen sind auch im optimalen Arbeitsbereich deutlich zu sehen, etwa auf ähnlichem Niveau wie beim Sigma. Bei offener Blende liegt das Samyang deutlich vorn. Alle CAs ließen sich in Lightroom mit einem Klick problemlos beseitigen.
Linsenreflexionen/Flares
Bei Fisheyes sind solche Artefakte konstruktionsbedingt kaum vollständig zu vermeiden. Typischerweise treten sie auf, wenn starke Lichtquellen weit außerhalb des Bildzentrums liegen. Im Vergleich zu meinen beiden anderen Samyang-Fisheyes (7,5mm/3.5 UMC und 8mm/2.8 UMC II) gibt es aber mit dem 12mm gefühlt weniger Probleme. Bei „optimaler“ Blende 8 entstehen ein tiefblaues Siebeneck, ein zweiter, oft kaum sichtbarer blauer Fleck und meist ein kleinerer, regenbogenfarbiger Kreis. Bei den gängigen Aufnahmemustern von horizontal 6 oder 8 Bildern ließen sich diese Bereiche aber gut maskieren und durch überlappende Nachbarbilder ersetzen.
Das Sigma ist in dieser Disziplin etwas im Vorteil. Es produziert kaum Reflexe, allenfalls einen sehr kleinen grünen Punkt weit außerhalb der Bildmitte, der wesentlich unkritischer ist, als die Reflexe des Samyangs, und manchmal eine Reflexion unmittelbar an der Lichtquelle selbst (Sonne).
Positiv fällt am neuen Samyang Fisheye der schöne Blendenstern auf, der entsteht, wenn bei geschlossener Blende direkt in punktförmige Lichtquellen fotografiert wird. Bei allen anderen Samyang Fisheyes war das immer ein Manko. Das neue 12mm hat nun eine Blende mit 7 Lamellen bekommen, woraus ein Stern mit 14 Strahlen resultiert.
Der Blendenstern des 15mm Sigma, ebenfalls mit 7-Lamellen-Blende ausgestattet, wirkt dagegen etwas definierter. Bei manchen Motiven, beispielsweise einer nächtlichen Stadtansicht mit vielen Lichtquellen, ist das meiner Meinung nach manchmal schon etwas zu viel des Guten. Sicher eine Frage des persönlichen Geschmacks, aber ich finde den Blendenstern des Samyang insgesamt etwas harmonischer und weniger artifiziell.
Einsatz in der Panoramafotografie
Beim Samyang 12mm/2.8 handelt es sich um ein sogenanntes Fullframe-Fisheye, auch wenn die angegebene Brennweite von 12mm auf den ersten Blick etwas anderes vermuten lässt. Es hat laut Hersteller einen diagonalen Bildwinkel von 180° wie zum Beispiel auch die Canon- und Sigma-Fisheyes mit 15mm oder das 16mm Nikkor. Allerdings verwendet es eine andere Projektion. Optisch macht sich dieser Unterschied dadurch bemerkbar, dass die Verzerrungen an den Bildrändern weniger stark ausfallen als bei anderen Fullframe-Fisheyes. Randnahe Bildinhalte scheinen weniger gestaucht, der typische „Fisheye-Effekt“ fällt also etwas geringer aus. Das hat den Vorteil, dass die Bildauflösung in den Randbereichen steigt.
Sowohl für das Samyang als auch das Sigma wird ein diagonaler Bildwinkel von 180° angegeben. Das Samyang zeigt allerdings einen etwas größeren Bereich als das Sigma. Tatsächlich gibt PTGUI für das Samyang auch eine kürzere Brennweite von 13,45mm an, für das Sigma 15,57mm. Die errechneten Unterschiede sind aber vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass PTGUI bei Fullframe-Fisheyes eventuell gar nicht zwischen den verschiedenen Projektionsarten unterscheiden kann.
Für das fertige 360°-Panorama, aufgenommen mit der Sony A7R und dem Samyang 12mm Fisheye, gibt PTGUI eine maximale (native) Kantenlänge von ca. 16660 Pixeln an, was einer Gesamtauflösung von knapp 139 Megapixeln entspricht. Mit dem 15mm Sigma kommt man dagegen auf 19500 Pixel.
Ein weiterer Effekt der besonderen Projektion scheint das ausgesprochen gutmütige Stitching-Verhalten zu sein, eine Eigenschaft, die schon bei den beiden anderen oben genannten Samyang-Fisheyes auffiel. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass der parallaxenfreie Drehpunkt bei Objektiven dieser Projektionsart weitgehend winkelunabhängig ist. Allein diese Eigenschaft dürfte die Linse für Panoramafotografen besonders interessant machen.
Als Aufnahmemuster kommt wie bei allen Fullframe-Fisheyes die klassische Anordnung mit horizontal 6 Aufnahmen im Abstand von 60° plus Zenit und Nadir in Frage. Ein weiteres, interessantes Setup ist möglich, wenn die Kamera im sogenannten Slant-Mode betrieben wird. Dabei wird sie im Panoramakopf um die optische Achse gedreht, bis die Sensordiagonale senkrecht steht. Neigt man nun die Kamera wenige Grad nach oben, erhält man mit 8 Aufnahmen ein sphärisches Panorama, das im Zenit vollständig geschlossen ist und im Nadir nur ein minimales Loch offen lässt. Dieses liegt sowieso im Bereich des Panoramakopfes und kann später mit einem Patch geschlossen werden. Interessant ist diese Anordnung vor allem für die Produktion von 360°-Panoramen mit einem Hochstativ, gerade in Kombination mit leichten Systemkameras wie der Sony A7R. Mangels eines slant-fähigen Panoramakopfes konnte ich dieses Setup in Verbindung mit dem 12mm Samyang selbst aber noch nicht ausprobieren. Nodal Ninja hat für die nächsten Wochen eine passende Lösung angekündigt. Andere Möglichkeiten für den slant-Betrieb wären z. B. der Panoramakopf SLANT von PT4Pano oder das VR-System SLANT von Novoflex.
Beispiel-Panoramen
Wartturm, Sächsische Schweiz (A7R, Samyang 12mm/2.8, 6+Z+N, LDR)
Hier gehts zur interaktiven Ansicht: http://www.360-grad-sachsen.de/panos/wartturm2/wartturm2.html
Riesenrad (A7R, Samyang 12mm/2.8, 6+Z+N, HDR)
Hier gehts zur interaktiven Ansicht: http://www.360-grad-sachsen.de/panos/riesenrad/riesenrad.html
Pro & Contra Samyang
Pro:
- sehr scharf
- offenblendtauglich
- gutmütiges Stitching-Verhalten
- harmonischer Blendenstern
- gute Verarbeitung
- Fokus und Blende mechanisch
- günstiger Preis
Contra:
- war beim besten Willen nicht auszumachen
Fazit
Das Samyang 12mm/2.8 NCS Fisheye zeichnet kontrastreich, sehr scharf und ist auch bei offenblende schon erstaunlich gut. Auch die Resistenz gegen Linsenreflexionen ist auf einem guten Niveau. Die 7-Lamellen-Blende sorgt für einen sehr schönen, harmonischen Blendenstern. Mit seinem ausgesprochen unkomplizierten Stitching-Verhalten ist das Samyang ein ideales Fullframe-Fisheye für die Panoramafotografie. Uneingeschränkt empfehlenswert!
Bezug/Verfügbarkeit
Das Original Samyang ist in Deutschland ab sofort mit einer erweiterten Garantie von 5 Jahren für 549,99 € (UVP) erhältlich. Im Ausland wird es unter den Markennamen Bower und Rokinon gehandelt.
Weitere Informationen unter: https://www.hapa-team.de